06.03.2022 - Invokavit - "Lust auf Kirche!"

Jeremias Pestalozzi (Violine), Ayumi Janke (Klavier) beim Gottesdienst  "Lust auf Kirche" am 06.03.2022
Bildrechte Ev.-Luth. KG Berg

Musikalischer Abendgottesdienst "Lust auf Kirche!"

um 18.30 Uhr im Katharina von Bora-Haus, Berg (2G-Regel, FFP2-Maske!)

mit Pfarrer Johannes Habdank und

Jeremias Pestalozzi (Violine) aus München und Ayumi Janke (Klavier)
mit Werken von Bach, Mozart und Mendelssohn Bartholdy

Der Gottesdienst bildeet gleichzeitig den Auftakt zur Predigtreihe "Gegenstände der Passion" in der Region "Starnberger See Nord". Pfarrer Habdank predigte über die "Dornenkrone".

Nachstehend die Predigt zum Nachlesen (das Livestream-Video ist auf Wunsch des Musikers leider nicht mehr verfügbar)

 

Passionspredigtreihe 2022 "Gegenstände der Passion" - Dornenkrone
Predigt von Pfarrer Johannes Habdank


Lesung ausgewählter Verse
aus den „Gott-König-Psalmen“ 47, 97 und 99

Soweit einige Passagen aus den alttestamentlichen Psalmen. Ihnen zufolge ist Gott selbst der einzige wahre König und Herrscher der Welt, daraus spricht deutliche Königskritik. Demokratie gab´s damals nicht.

Dann gibt es aber noch viel mehr Psalmen, die sog. Königspsalmen, bei denen es um den irdisch herrschenden König geht, der besungen wird und selber als Heilsträger und wenigstens Semi-Gott der Gegenwart fungiert - oder aber der endzeitliche messianische Heilskönig ist gemeint. Die Differenz zwischen den Sphären des Irdischem und des Ewig-Göttlichen wird eingezogen, die Bereichsunterscheidung zwischen Menschlichem und Göttlichem verschwindet nahezu, Religion wird zumindest tendenziell zur Funktion von Politik.

Dass nur Gott selbst wahrer Herrscher sei, ist zu Zeiten der Psalmen, also etwa vor zweieinhalbtausend Jahren, ein klarer Affront gegen die Religionen der Umwelt, etwa Mesopotamiens oder auch des Alten Ägypten schon vorher. Echnaton war Gott selbst, und zwar sogar der Einzige. Das blieb nicht lange so, denn dann hat sich wieder die Vielgötterei durchgesetzt, wie etwa auch bei den Griechen und Römern.

Dass man nur einen Gott verehrt (Monolatrie) oder sogar glaubt, dass es überhaupt nur einen Gott gibt (Monotheismus), das ist auf Dauer die religionsgeschichtliche Errungenschaft der altisraelitischen Religion, die sich dann in Christentum und Islam bis heute durchgesetzt hat.

Ob man sich im Alten Israel Gott selbst mit einer Krone vorgestellt hat, etwa bei einer Art geglaubter Thronbesteigung Gottes, oder ob zu Gottes Krönung oder eines seiner mehr oder weniger ergebenen Könige so etwas wie eine Krönungsmusik, gar eine Krönungsmesse gespielt wurde, wissen wir nicht. Erst Mozart hat die uns bekannte Krönungsmesse komponiert, wahrscheinlich für Kaiser Franz II. erstmals aufgeführt. Die hören wir aber jetzt nicht, sondern singen selber feierlich und eines wahren Königs würdig: Tochter Zion, freue dich!

Lied EG 13, 1-3: Tochter Zion

Lesung Johannes 19, 1-5

Gedanken zu Krone und Dornenkrone
Das Tragen von Kronen, lat. corona, kam schon im Alten Orient in Gebrauch. Bereits im Alten Ägypten, im Babylonischen Reich, in Persien und im antiken Griechenland trugen Herrscher eine Krone bzw. eine Königsbinde oder ein Diadem, eine Tiara, wie man eine geschlossene Krone nennt, später übernommen von den byzantinischen Kaisern sowie von den Päpsten, die bis zum Jahre 1964 eine dreifache Krone trugen. Krone – Ausdruck der Stärke und der machtvollen Herrschaft.

Die Dornenkrone Jesu Christi ist dazu ein Gegenmodell. stephanos ex akanthón, ntl. Griechisch, wörtlich: Kranz aus Dornen, ein biblischer Begriff aus den Evangelien. Drei von vier Evangelien berichten, dass Jesus von römischen Soldaten ein Kranz aus Dornen aufgesetzt wurde. Zusammen mit einem Schilfrohr als Zepter und einem roten Umhang statteten ihn die Soldaten zum Hohn mit solch „königlichen“ Symbolen aus, während sie ihn misshandelten und verspotteten. Die Bedeutung der Krone, an sich Ausdruck von Macht und hoheitlicher Würde der Herrschaft ihres Trägers, wird in ihr Gegenteil verkehrt und als Dornenkrone zum Instrument der Herabsetzung, Verspottung und Schande.

Schon im Neuen Testament, im frühen Christentum und dann vor allem im Mittelalter wird die Dornenkrone in ihrer heilsgeschichtlichen Bedeutung zunehmend positiv besetzt: als wichtiger Ausdruck und Zeichen der Passion Jesu Christi, Attribut und wesentliches Sinndeutungszeichen des leidenden und gekreuzigten Christus. Speziell in der Kunst der Gotik entwickelt sich die Kranzform der Dornenkrone.

Im 11. Jahrhundert wird übrigens erstmals eine Dornenkronen-Reliquie in Jerusalem verehrt. Über die Kreuzzüge gelangen Teile davon nach Europa, Venedig, Paris, Vatikan, Belgien. Es wird auch berichtet, dass Graf Rasso schon im 10.Jahrhundert, also vor den Kreuzzügen, von einer Pilgerreise ins Heilige Land einen Zweig aus der Dornenkrone mit in unsere bayerische Heimat nach Andechs gebracht haben soll. Kann man heute noch in der Klosterkirche in Andechs besichtigen und verehren. Wer´s glaubt - wird selig! Die österreichische Kaiserkrone in der Schatzkammer in Wien ist nichts dagegen, liebe Gemeinde! Und genau darum geht´s: Die Dornenkrone ist Kritik und unscheinbare Überbietung jeder weltlichen Krone, so der christliche Glaubensanspruch!

Die Dornenkrone gilt als ein wesentlicher Gegenstand der Passion, symbolisiert sie nämlich die verborgene, geistliche Herrschaft Christi, denn: Jesus hat zu Zeiten seines Lebens und öffentlichen Wirkens in Wort und Tat gerade nicht ein Konzept äußerlicher Macht vertreten und gelebt, sondern ein geistliches, gleichwohl wirkmächtiges Programm: der Liebe Gottes, der Vergebung und der Demut, der Besonnenheit und Geduld mit den Menschen. Beruhend auf dem Sinn für die sog. Sünder, die Schwachen, die Ausgegrenzten, also die, die am Rande stehen, die Grenzwertigen. Damals wie heute.

Und wer von uns, wenn er ehrlich ist, gehört nicht auch einmal in seinem Leben dazu? Zu den Sündern, den Gottfernen, den Schwachen und Schwächelnden, denen, die nicht dazu gehören, einmal am Rande stehen, oder sich grenzwertig benehmen? Den nicht Erfolgreichen und schon gar nicht Mächtigen, manchmal auch ihrer selbst nicht mehr Mächtigen, weil du dein Leben selber nicht mehr im Griff hast? Wer gehört nicht auch einmal zu den Leidenden, um die sich vielleicht keiner recht kümmern mag? Ist niemandem zu wünschen, kann aber kommen.

Genau für die war Jesus da, und ist es auch noch heute, im Geiste.

„Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig“, hat der Apostel Paulus einmal - kongenial zu Jesus – gesagt. Und er hat auch die Voraussetzung für diese Lebenseinstellung und diesen Glauben klar benannt, die über jede irdische Macht und Krone hinausweist, die geistige Grundlage der Dornenkrone:

„Lass dir an meiner Gnade genügen!“ - Das ist genug.

Amen.