23.05.2021 - Pfingstsonntag

Predigt von Lektor Schickel beim Pfingstgottesdienst im Katharina von Bora Haus
Bildrechte Evang.-Luth-Kirchengemeinde Berg

Festgottesdienst zu Pfingsten

(Präsenz und online)

im Katharina von Bora-Haus

mit Lektor Peter Schickel

Nachstehend die Predigt zum Nachlesen und - ganz am Ende - der Gottesdienst im (Livestream-)Video zum Nachempfinden

Predigt am Pfingstsonntag 2021 von Lektor Peter Schickel

 

Predigtgebet:

Herr, gib mir Deinen Geist, dass ich nicht sterbe, sondern lebe und Deine Werke verkündige.

Amen.


Predigt

Predigt über 1.Mose 11,1-9

I

Sie hatten sich etwas ganz Besonderes ausgedacht, die Geistlichen in Sachrang, einem kleinen Bergsteigerdorf kurz vor der österreichischen Grenze. Sie wollten den Heiligen Geist in ihrer Kirche für alle erlebbar machen. Der Pfarrer hatte kurz vor Pfingsten eine zündende Idee. Sie könnten doch diesmal eine echte Taube in Ihrer St. Michaelskirche fliegen lassen. Die würde dann im großen Kirchenschiff herumflattern und vielleicht durch den Flügelschlag über den Köpfen der Gottesdienstbesucher ein wenig Wind machen. So in etwa wie das Brausen, das an Pfingsten vom Himmel kommen soll. Alle waren sogleich begeistert und der Mesner besorgte ein Taube, die er bis zum rechten Zeitpunkt im Gebälk oberhalb der Kirche verwahrte. Bestimmt wäre das ein Erlebnis für die Gemeinde, das sie nicht so schnell vergessen würden.
Und so kam es dann auch. Sie vergaßen dieses Pfingstfest tatsächlich nicht so schnell und die Geschichte von der Pfingsttaube wird sogar noch bis heute überliefert.

Denn als der Zeitpunkt gekommen war geschieht - einfach - nichts. Die Taube kommt nicht.

Der Pfarrer wartet und wartet. Er schaut stumm zum schön bemalten Kirchenhimmel hinauf. Kein Brausen ist zu hören. Die Taube kommt einfach nicht. Nicht mal ein leises Flattern.

Da erscheint der Kopf des Mesners im sogenannten Heilig-Geist-Loch und er ruft aufgeregt hinunter: „Herr Pfarrer, Herr Pfarrer, die Katz hats gfressen!“.

II

Liebe Gemeinde,

was für eine Blamage. Da gibt man sein Bestes, scheut weder Kosten noch Mühen und dann kommt er nicht der Heilige Geist. Im Gegenteil. Genau das ist auch das Ergebnis unseres heutigen Predigtwortes aus dem Alten Testament. Sie kennen die Geschichte schon alle unter dem Namen „Der Turmbau zu Babel“, obwohl es darin nur vordergründig um einen Turm geht. Es ist nämlich auch eine Geschichte vom Heiligen Geist und auch hier hat es erst mal nicht so geklappt, wie geplant. Sie steht im 1. Buch Mose an einer besonderen Stelle – aber dazu später mehr.

Ich lese:

1 Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache. 2 Als sie nun von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Lande Schinar und wohnten daselbst. 3 Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst uns Ziegel streichen und brennen! – und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel 4 und sprachen: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut über die ganze Erde. 5 Da fuhr der HERR hernieder, dass er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten. 6 Und der HERR sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. 7 Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe! 8 So zerstreute sie der HERR von dort über die ganze Erde, dass sie aufhören mussten, die Stadt zu bauen. 9 Daher heißt ihr Name Babel, weil der HERR daselbst verwirrt hat aller Welt Sprache und sie von dort zerstreut hat über die ganze Erde.

Zerstreut hat er sie. Verwirrt. Das war das Ergebnis ihres Tuns. Sie wollten eine Stadt bauen in der sie und ihre Kinder und Kindeskinder für immer leben sollten und sich damit selbst einen Namen machen. Einen Namen hatte man damals, wenn man viele Kinder und Enkel und Urenkel vorweisen konnte.

Im Zentrum dieser Stadt für die Nachkommenschaft soll eine Kirche gebaut werden. So groß, dass sie bis hinauf zum Himmel reichte. Dazu wurde erstmals ein neues Bauverfahren eingesetzt. Die Innovation der ersten Menschen war eine Art Bitumen aus ölhaltiger Erde mit der sie die Ziegelsteine aneinander geklebt haben. Damit konnten sie höher bauen als mit trockenen Steinen. High-Tech war das damals. Der Turm sollte so hoch sein, dass er ein Loch in den Himmel stoßen könnte. Sozusagen ein „Heilig-Geist-Loch“. Ein Einfallstor Gottes. So hoch, dass sie in die göttliche Sphäre eindringen und den Himmel anzapfen konnten wie ein Faß Bier am Oktoberfest – ach ja, das fällt dieses Jahr auch wieder aus.
Nichts wurde draus. Zerstreut hat er sie. Gott selbst. Verwirrt – eigentlich steht da verrührt – durcheinandergemengt. Vielleicht zu ihrem Besten. Denn alle Mühen der Menschen zusammengenommen führen nicht zum Ziel. Nicht mal der konzertierte Vorstoß aller Menschen auf der Welt bringt es fertig einen Namen zu machen.

Darum geht es nämlich in dieser Geschichte – um den Namen.

Blättert man etwas in der Bibel vor und zurück, dann steht unsere Predigtgeschichte vom Turmbau nämlich genau in der Mitte einer Namensliste. Namen, lauter Namen. Angefangen bei Noah und seinen Söhnen bis hin zu Abram.

(Wollen sie die anderen Namen hören? Ja? Na, gut, kurz: Ham, Jafet und Sem. Bis hin zu Arpachschad, Schelach, Eber, Peleg, Regu, Serung, Nahor, Terach und endlich Abram.)

Es ist aber nicht irgendein Name der in der Mitte der Namensliste steht. Es ist der Name des Herrn.
Der Name des Herrn taucht hier überhaupt das erste Mal in der Schrift auf.

Und zwar in Vers 5:

5 Da fuhr der HERR hernieder, dass er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten.

Eine grandiose Vorstellung. Der Herr ist so hoch oben, dass er erst herunterkommen muss wie eine Taube vom Himmel, um das kindische Tun der Menschen überhaupt sehen zu können.

Und dann schon im nächsten Kapitel macht er das Unbegreifliche. Er schenkt seinen Namen und damit seinen Geist dem einzelnen Menschen Abram, nicht dem Heer von Arbeitern, die extra mit großer Kraft einen Turm bauen.

Gott spricht zu Abram:

1Mo 12,2 Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.


Bald wird Abram zu Abra-ham. Das „h“ in Abra-h-am steht für den Geist.

Später verheißen die Propheten, dass der Heilige Geist ausgegossen werden wird auf alle Menschen am Tag des Herrn. Nicht nur einzelne Persönlichkeiten oder Könige wie Abraham, Saul und David. Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden. Das haben wir gerade in der Epistellesung in vielen Sprachen gehört.

Petrus greift an Pfingsten diese Botschaft auf:

Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.


In seiner Rede an Pfingsten verrät uns Petrus den Namen des Herrn. Der Name ist gemacht. Gott hat ihn selbst gemacht. Im Angesicht der größten Schwierigkeiten soll er angerufen werden. Der Name des Herrn ist der Name Jesus Christus und die Ausgießung des Geistes ist gerade geschehen. Das sagt uns Petrus nicht aus sich heraus. Nur der Geist kann den Geist erkennen.

Petrus erkennt: „Jesus ist der Herr. Der Herr ist auferstanden und er ist mit dir. Er ist mit Dir und vielen, jetzt und bis ans Ende der Welt“

Der Name Gottes wohnt nicht mehr in einem Tempel der mit Händen gemacht ist. Gott lässt seinen Namen in den Menschen wohnen und macht damit die Menschen zu einer lebendigen Kirche. Die Zusage seines Namens aus dem Alten Testament „Ich werde mit dir sein“ ist damit eingelöst. Der göttliche Geist aus dem Alten Testament ist der Geist Jesu. Letztlich ist er es, der den Menschen verwandelt und neu macht. Nicht nur sein Name, sondern die ganze Person Jesu handelt in der Geistgemeinschaft im Menschen, mit Menschen und durch Menschen.

Das ist für mich die Botschaft von Pfingsten. Ein Lebensgefühl des „ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Und diese Sprache verstehen alle Christen in ihrer Individualität. Die Sprachverwirrung aus der Turmbauerzählung des Alten Testaments hebt Gott an Pfingsten wieder auf. Es sind verschiedene Lebenswege, verschiedene Erfahrungen und verschiedene Landessprachen aber nur ein Geist. Ein Lebensgefühl, das ausdrückt: „Jesus, der Herr ist bei mir“. Eine Art Esperanto Gottes. Eine Einheitsübersetzung in eine Vielzahl von Dialekten.

Mit dieser Einheitssprache baut Gott seine Kirche auf. Paulus benutzt das Bild von der Kirche als Leib Christi – ein Leib bestehend aus der Vielzahl der Gläubigen. Jesus ist der Kopf. Der Geist hat nun eine Form. Jesus Christus.

Diese Geistgemeinschaft ist nicht auf eine jeweilige Konfession beschränkt. Einziges Kriterium ist der Geist Christi. Der Geist Christi macht nicht vor verschiedenfarbigen Kirchentüren halt, aber er ist auch kein Besitz einer jeweiligen Glaubensrichtung. Er wirkt einmal mehr, einmal weniger, wo immer er will.

Er ist unverfügbar. Der Name Gottes kann nicht von Menschen gemacht werden. So viel man sich auch anstrengt. Er verschenkt sich. Ohne Gegenleistung.

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR


Wie damals bei Abraham, David, Petrus, Paulus, Lukas und vielen anderen. Gott baut seine Kirche selbst, wo er will, wann er will, bis heute.

Wir Menschen können nichts dazu beitragen. Aus eigener Kraft können wir uns nicht befreien.

Die Taube, sie kommt wann sie will.

Aber halt – was sagst du da, Jesus?

Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun. (Joh 14,14)

Danke Dir, Jesus Christus!

Amen.


Kanzelsegen:

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

Livestream-Video vom Gottesdienst

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