06.01.2025 - Epiphanias

Kurrendesänger
Bildrechte Peter Schickel

Gottesdienst mit Abendmahl

um 10:00 Uhr im Katharina von Bora-Haus, Berg

mit Prädikant Peter Schickel, an der Orgel Katrin Dumann

Nachfolgend die Predigt zum Nachlesen.


Predigt von Prädikant Peter Schickel am 06.01.2025

Predigttext: Matthäus 2,1-12

1 Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland[1] nach Jerusalem und sprachen: 2 Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten[2]. 3 Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, 4 und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. 5 Und sie sagten ihm: Zu Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten: 6 »Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.« 7 Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, 8 und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr’s findet, so sagt mir’s wieder, dass auch ich komme und es anbete. 9 Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. 10 Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut 11 und gingen in das Haus und sahen[3] das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. 12 Und da ihnen im Traum befohlen wurde, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem andern Weg wieder in ihr Land. (aus: Lutherbibel 2017)

Predigt:

Liebe Gemeinde, 

ich hab ihnen heute ein paar Figuren mitgebracht, die wir in einer alten verstaubten Kiste gefunden haben. Kunstvoll von Hand geschnitzt. In der italo-schwäbischen Familie meiner Frau, wurden die Figuren früher immer an Epiphanias am "Öberschten" - also heute -  aufgestellt.  Am "Öberschten" deshalb, weil der 6. Januar der höchste Feiertag überhaupt sei - der "Öberschte" also. Denn an diesem Tag kämen auch die Völker zu Gott, respektive zum Jesuskind. Sozusagen zwei biblische Völkerwanderungen gleichzeitig heute, einmal zum Zion und einmal zur Krippe - wir haben es gerade in der alttestamentlichen Lesung und im neutestamentlichen Evangelium gehört. 

Alle singen dabei, alle meine Sänger-Figuren, meine ich jetzt. Alle haben einen schwarzen Talar an. Einer trägt einen Stern voraus.  Es sind sogenannte "Kurrende-Sänger". Von "currere" - lateinisch "laufen". Also laufende Sänger.  Es ist ein alter Brauch, dass diese Sänger an hohen Feiertagen wie heute von Haus zu Haus laufen und christlich-erbauliche Lieder singen.  Auch Luther war selbst so ein laufender Kurrende-Sänger. "Mit einem guten Kumpan ist gut singen.", meinte er unter anderem. Sie finden ein zeitgenössisches Abbild von ihm als solch ein Nachbarsbesuche machender Sänger auf der Rückseite des Liedblattes. Diese laufenden Sängergemeinschaften gingen zu verdienten Familien und brachten erbauliche christliche Lieder und Segenswünsche als Geschenke mit, fast so wie die Weisen aus dem Morgenland. Oftmals haben diese Sänger von den besuchten Familien auch eine kleine Unterstützung zurückerhalten. Bei uns gab es heute zum Frühstück auch schon ein wunderbares Gebäck in Form eines Sterns - so eine Art Hefezopf mit Sternenstrahlen.

Es scheint also auch eine evangelisch-taugliche Tradition des eher katholischen Sternsinger-Brauches zu geben, die diese Tage ja hier in Bayern oftmals anzutreffen sind; man könnte das Sternsingen ja auch gleich als ökumenische Tradition bezeichnen - allerdings kommen die evangelischen Kurrendesänger ganz ohne die "Heiligen drei Könige" aus. Der Lobgesang scheint zu genügen für die Weisen "aus dem Osten". Von Königen ist ja nicht die Rede im Evangelium. Auch nicht von Kamelen. Dass es drei waren - Könige meine ich, nicht Kamele - hat man aus der Zahl der Geschenke geschlossen. Gold, Weihrauch und Myrrhe - ein Stoff der Verehrung, der Liebe und der Salbung. 

Übrigens, Luther hat diesen Begriff der "Weisen" aus dem Morgenland für uns heute durch seine treffenden Übersetzungseingebungen geprägt. Ich denke, Luther hätte sich wahrscheinlich mit diesen gottsuchenden Weisen solidarisch erklärt und wäre sogar mitgelaufen, wenn er gekonnt hätte. Er selbst war ja auch zeitlebens auf der Suche nach dem gnädigen Gott. Er fand schließlich heraus, dass ein Christ im Leben Sünder und Erlöster zugleich sein konnte - aber immer Suchender bleibt. "Gleichzeitig Sünder und Gerechter" 
- simul iustus et peccator - aber immer Gott Suchender - immer auf dem Weg und auch immer wieder sich Umwendender und sich  Umkehrender. 

Anscheinend haben diese Weisen, über die Matthäus in seinem Evangelium schreibt, in alten erhellenden Schriften gelesen. Wahrscheinlich bei den Propheten Micha und in Numeri, dass da ein neuer König geboren werden sollte, aber nicht nur irgendeiner, sondern ein ganz besonderer, nämlich "der König der Juden" schlechthin - das wird später in der Lebensgeschichte Jesu noch auf eine Tafel geschrieben werden. INRI (Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum) - "der König der Juden". Er solle keinen Nachfolger haben, denn seine Regentschaft solle ewig wären. 

1 Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Tausenden[1] in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. (Micha 5,1)

Ein Stern solle für den König am Himmel aufgehen - so die zweite Weissagung (Num 24,17). Ein heller Stern. 
Sterne sind ja nach unserem Glauben auch nichts anderes als große Straßenlaternen - keine eigentlichen Götter. Bei der Schöpfung hängt unser allmächtiger Gott die Sonne und den Mond einfach nur an den Himmel, wie zwei große Laternen, damit wir es etwas heller haben. Nichts können die Sterne für unser Leben bewirken, soll das bedeuten. Die Sterne sind nur große Leuchter. Nur Gott der Lebendige kann unser Leben beeinflussen. 
Nur ER kann das.  
 
Und das, liebe Gemeinde, allem Bleigieß-Spielchen und Zukunftsprognostisieren und Vorausahnungs-Spintisieren an Sylvester zum Trotz!

Und tatsächlich ging damals diesen von Luther so geschätzten Weisen aus dem Morgenland eine Laterne auf.  

Geht man von einem historischen Bericht des Matthäusevangeliums aus und sieht im "Stern von Bethlehem" ein rekonstruier- und datierbares astronomisches Phänomen, dann ist die wahrscheinlichste Erklärung die dreifache Konjunktion von Jupiter und Saturn mit dem Welterschaffungstermin eine Erklärung des Ausschnittes aus der Schrift, die erstmals von Johannes Kepler aufgrund astronomischer Berechnungen 1606 vorgebracht wurde. Diese besondere Konstellation, die nur alle 854 Jahre eintritt, ereignete sich vom 19. April 7 v. Chr. bis zum 3. Februar 6 v. Chr. und ihre Berechnung ist in zeitgenössischen Quellen belegt.

Aha, also, könnte da doch was dran gewesen sein an einem großen Himmelslichtzeichen damals. Diese Planetenzusammenballung, interpretiert als Stern, könnte unsere Weisen zu Suchenden werden lassen. Schließlich brechen sie tatsächlich auf und suchen Gott. Trotzdem sollte man bei allen Versuchen die Erzählung historisch festzumachen, vor allem die übertragene Bedeutung der Geschichte wertschätzen. 

Denn, liebe Gemeinde, Gott zu finden, ist in unserer Welt gar nicht so einfach. Sie versuchen es daher zunächst einmal beim König. Nennen wir ihn Herodes. Heutzutage gibt es auch andere Machtmenschen, auf die sein Verhalten passen würde. So ein Alleinherrscher, der wird schon wissen, wo der kommende nächste erste Mann im Staate zu finden sein müsste, oder? Er hat ja schließlich selbst das Zeichen am Himmel gesehen und hat sicher genug hochbezahlte Berater, die ihm aus der Schrift erklären können, was es damit auf sich hat. Als sie dort ankommen, finden sie aber anstatt erhellender Erkenntnis nur dunkle Finsternis vor. Der Machtmensch ist überrascht und erschrocken. Das verwundert kaum. Er denkt ja nur an sich. Für etwas anderes hat er gar keine Zeit. 

3 Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, 4 und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte.

Mit dem Hintergedanken seine Macht zu erhalten und angefüllt mit Furcht vor dem neuen Kontrahenten, spielt er mit den Weisen ein perfides Spiel. Er lügt ihnen vor auch dem Kind huldigen zu wollen und engagiert sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen schnurstracks als Spione. Sie sollen ihm seinen Konkurrenten ausliefern. Sie sollen seine eigene Regentschaft erhalten. Seine Macht gewährleisten. Seinen Reichtum ein für alle Mal festschreiben.  Ein neuer König würde da nur stören. Ein neuer König könnte ihm nur seine eigene Er-Wählung stehlen. 

Rätselhaft unbeteiligt an dieser Beziehung zwischen den Mächtigen und den Weisen sind dann aber die Schriftgelehrten und Priester. Sie verhalten sich neutral, unbeteiligt. Sie wissen über die Antwort aus der Schrift Bescheid, dass der neue Spross Davids, der Messias aus Bethlehem kommen soll, aber sie handeln nicht danach. Sie gehen selbst nicht auf die Suche nach ihm. Ihnen genügt anscheinend das Wissen um den Messias allein. Soll er doch kommen. An ihrem Leben ändert er nichts. Sie beten ihn nicht an. 

Liebe Gemeinde, 

und so stellt uns der Evangelist Matthäus gleich zu Anfang seines Evangeliums mit dieser Geschichte vom Besuch der Weisen aus dem Morgenland beim neugeborenen Jesuskind vor die Frage: Wer wir eigentlich sind. Wer wollen wir sein? Wer sind wir, wenn wir vom Messias hören? Wer sind wir, wenn wir mit dem Christus in Berührung kommen. 

Auf welcher Seite stehen wir? Wer sind wir hier und jetzt in unserem Herzen. 
Zählen wir uns womöglich selbst zu den Machtmenschen, die Gott am liebsten heimlich aus dem Spiel nehmen wollen? 
Gehören wir zu den untätigen Wissenden, die aus den Verheißungen nichts für ihr eigenes Leben ableiten und nicht durch die Liebe Gottes angefacht selbst tätig werden und los gehen? 

Oder sind wir Christen doch eher die Suchenden, diejenigen die Luther die Weisen nannte? Diese Weisen nämlich, haben Gott in der Heiligen Schrift erkannt und werden aktiv. Sie machen sich auf und folgen ihm in der Welt nach, so schwer das auch manchmal sein mag. 

Liebe Gemeinde, lassen Sie uns die Weisen sein, denn allen Schwierigkeiten zum Trotz lässt sich dann das göttliche Kind vielleicht sogar finden.  Aber ohne unser Zutun. 

Das geschieht dann durch göttliche Fügung. Gott sei Dank. Er zeigt sich uns. Nicht nur dass ein Stern von Gottes mächtiger Hand erscheint, sondern der Stern bewegt sich auch noch vor den Weisen her und zeigt ihnen den Weg. 

10 Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut? 

Sogleich nach dem die Tür des  königlichen Palasts geschlossen ist und die Weisen sich verzweifelt fragen, wohin sie jetzt gehen sollen, fängt der Stern an, wie das Licht beim Auszug aus Ägypten, vor ihnen her zu wandeln und erleuchtet ihnen den Weg zum Kind. Der Weg, weg von der gefährdenden Macht, hin zum Frieden Gottes im armen Stall. Gott zeigt uns den Weg selbst. Wir alleine würden Ihn nicht finden. 

11 und [sie] gingen in das Haus und [sahen Luther: fanden] fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an 

Und dann der Rückweg erst. Verändert kehren unsere Weisen von Ihrer Begegnung mit Gott zurück, denn es heißt: "sie zogen […] auf einem andern Weg wieder in ihr Land."?

Das ist die Umkehr, das Einschlagen eines anderen Weges, die Umwendung, die die Erscheinung Gottes in unserem Leben bewirkt. 

Wenn Gott sich sehen lässt, wenn Gott sich finden lässt, dann bleibt das nicht ohne Veränderung im Menschen. 

Wer nach einer solchen Gotteserfahrung sich wieder umwendet, ändert sein Denken und seine Einstellung zum Leben. 
Er hat Gottes Liebe erfahren.
Er hat Gott gefunden. 
Vielleicht ist das für ihn dann doch der höchste Feiertag - der "Öberste". 
 

Liebe Gemeinde, 

lassen Sie uns heute einfach einmal wie diese Weisen sein, 
die auf ihrem eigenen Weg von Weihnachten ausgehen und wieder hinausziehen in die Welt. 

Sie haben den Heiland gefunden. Halleluja! 
  
Auf guten Wegen, gehen sie voran ins Neue Jahr mit der Erfahrung, dass das Licht in der Finsternis dieser Welt scheint. (Joh 1,5)

In tiefstem Herzen gewiss, dass all die Finsternisse, so dunkel sie auch sein mögen, das Licht nicht auslöschen können. (Joh 1,5)

Hocherfreut darüber, zu wissen, dass die Finsternis vergeht und das wahre Licht schon scheint. (1.Johannesbrief 2,8)

Denn der Heiland ist kommen. Halleluja!

Er ist auf die Welt gekommen. Halleluja!

Er ist da. Jetzt und für und für. 

Halleluja!

Amen. 

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

KurrendesaengerStern aus Hefeteig