02.04.2023 - Palmarum - „Lust auf Kirche!“

Flötenensemble Frieder Harz
Bildrechte Ev.-Luth. Kirchengemeinde Berg

Musikalischer Abendgottesdienst „Lust auf Kirche!“


mit Pfarrer Johannes Habdank


um 18.30 Uhr im Katharina von Bora-Haus


Es musizierte das Flötenensemble Frieder Harz.


Zum Nachlesen nachstehend die Predigt „Über den Esel“ mit Begrüßung und Evangeliumslesung.

 

 

Kleine Predigt am Palmsonntag, 2. April 2023 von Johannes Habdank über „Der Esel in der Bibel“ im musikalischen Gottesdienst „Lust auf Kirche!“ mit dem Flötenensemble der Gemeinde unter Leitung von Frieder Harz


Begrüßung

Himmelskönig, sei willkommen! - Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!
Mit diesem Jubelruf der Menschen bei Jesu Einzug in Jerusalem aus dem Neuen Testament grüße ich Sie und Euch alle zum musikalischen Abendgottesdienst am Palmsonntag im Katharina von Bora-Haus, heute geht es um den Esel, in der Bibel. In kirchlicher Tradition bildete sich im frühen Mittelalter das Brauchtum der Palmprozession – am Palmsonntag - in der römisch-katholischen Kirche heraus, v.a. im süddeutschen Sprachraum. Die Palmprozession mit grünen Zweigen und Hymnen erinnert an den festlichen Einzug Jesu Christi in Jerusalem auf dem Rücken eines Esels. Seit dem 10. Jahrhundert ritten die Dorfpfarrer bei der Palmprozession auf einem Esel mit. Da der Esel sich dabei häufig recht störrisch verhielt, wurde er meist durch einen hölzernen Esel mit einer reitenden Christusfigur ersetzt, auf einem Brett montiert, gezogen und / oder auf Rädern. Der Palmesel-Umritt wurde vor allem zur Zeit der Aufklärung zurückgedrängt; seine Verwendung im Rahmen der kirchlichen Feier war zeitweilig vielerorts verboten, weil zu theatralisch. Und deswegen machen wir das hier auch nicht. (Beim Sommerfest werden wir vielleicht einen Esel da haben für die Kinder und alle, die Kind geblieben sind!). Vom Palmesel übrig geblieben ist die Bezeichnung für den, der am Palmsonntag als letzter aufsteht. Wer das war heute, weiß ich schon!
 
Vielen herzlichen Dank an unser Flötenensemble unter der Leitung von Frieder Harz für die musikalische Gestaltung dieses Gottesdienstes.
Er geschehe im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. -


Lesung (Markus 11, 1-11: Jesu Einzug in Jerusalem)

Und als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, bei Betfage und Betanien am Ölberg, sandte er zwei seiner Jünger und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt. Und alsbald wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein Füllen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat; bindet es los und führt es her! Und wenn jemand zu euch sagen wird: Was tut ihr da?, so sprecht: Der Herr bedarf seiner, und er sendet es alsbald wieder her. Und sie gingen hin und fanden das Füllen angebunden an einer Tür draußen am Weg und banden’s los. Und einige, die da standen, sprachen zu ihnen: Was tut ihr da, dass ihr das Füllen losbindet? Sie sagten aber zu ihnen, wie ihnen Jesus geboten hatte, und die ließen’s zu. Und sie führten das Füllen zu Jesus und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg, andere aber grüne Zweige, die sie auf den Feldern abgehauen hatten. Und die vorangingen und die nachfolgten, schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Gelobt sei das Reich unseres Vaters David, das da kommt! Hosianna in der Höhe! Und er ging hinein nach Jerusalem in den Tempel und er besah ringsum alles, und spät am Abend ging er hinaus nach Betanien mit den Zwölfen.


Kleine Predigt über den Esel

Liebe Gemeinde, bei uns in Bayern ist der „Hund“ ein Ehrentitel: Der ist ein echter „Hund“ oder: „Hund´ samma scho“! In der Bibel ist der Hund negativ besetzt und dient auch als Schimpfwort. Kein Wunder, denn es gab damals nur Wildhunde, der Hund war noch nicht domestiziert. Die Wildhunde aus Steppe und Wüste überfielen immer wieder Herden und Dörfer. Der Hund steht also biblisch eher für das Böse, das Leben Beeinträchtigende.

So ähnlich, aber deutlich abgeschwächter, geht es bei uns im deutschen Sprachgebrauch dem Esel. Du Esel, du blöder! Oder wenn von den ungeschickten „Eseleien“ eines Menschen die Rede ist: „So ein Esel!“

In der Bibel dagegen ist der Esel ein positives, ein geschätztes Tier. Er ist ein Nutztier, das sich jeder Bauer leisten kann, ein williges Lasttier, und er steht für Treue und Gehorsam. Vom „störrischen Esel“, wie wir ihn gerne bezeichnen, ist nichts zu lesen, außer in der Bileamsgeschichte: Der Prophet Bileam soll das Volk Israel verfluchen, auf dem Weg zum Volk begegnet ihm ein Engel Gottes, der ihn davor warnt. Den Engel sieht aber Bileam selber nicht. Aber sein Esel, der dann mit Bileam spricht. Ein Gottes Willen erkennender, sogar sprechender Esel! Es war übrigens eine Eselin! Ob´s ein Esel auch so hinbekommen hätte?

Der Esel kommt sogar in den biblischen 10 Geboten vor: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel, noch alles, was dein Nächster hat!“ So steht´s im 2. Buch Mose. Ebenfalls steht in diesem Buch, dass alle männlichen Erstgeburten Gott geopfert werden müssen. Ausnahmen gibt es seit der Abrahamsgeschichte mit Isaak nur für Menschen – und: Esel! Sie können, weil sie für das agrarische gemeine Volk so wichtig und wertvoll sind, durch das stellvertretende Opfern eines Schafs ausgelöst werden. Eines der prägenden Vorbilder für die Vorstellung von der Opferung des Lammes Gottes.

Ja, der Esel gilt im Alten Testament sogar für das auserwählte Tier, das einmal den ersehnten Messias tragen wird: Beim Propheten Sacharja heißt es in seiner Verheißung des messianischen Friedensreiches:
„Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter, Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm, und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin!“ (Sacharja 9)

Tochter Zion, freue dich – ein Lied, das wir Christen immer gerne in der Adventszeit singen, Zeit der Erwartung der Ankunft des Herrn!

Zurück zum Esel! Die Hochschätzung des eigentlich ganz normalen Volksesels im alten Israel und auch im Neuen Testament ist etwas Besonderes. Im religionsgeschichtlichen Umfeld, etwa im Alten Ägypten, galt der Esel als minderwertig und verachtenswert, ja ärgerlich wegen seiner lauten Töne, die er von sich gab. Ja, man machte sich über ihn lustig wegen seines großen Gemächts und seines Begattungstriebs. Und er galt im Alten Israel zwar als wunderbares, auch liebenswürdiges Nutztier – und man muss ihn ja auch heute nur recht behandeln: mit Geduld und ruhiger, tiefer Stimme, dann wird er nicht störrisch“ – da gab es aber als Konkurrenz damals auch noch jemanden anderen: das Pferd. Das aber war in Israel verhasst als kriegerisches Kampftier der Feinde und anderen Völker, der Römer. Pferd war pfui!

Die Kreuzung von Esel und Pferd, das Maultier, „Muli“, wird biblisch kaum erwähnt und kommt nach König David aus der Mode. Sodass der Esel immer mehr zum „heimlichen Star“ der Bibel avanciert, wie es mal im Sonntagsblatt getitelt wurde: „Esel – heimlicher Star der Bibel!“.  
Warum? Weil Jesus auf einem Esel geritten ist bei seinem Einzug in Jerusalem. Volksnah und herrschaftskritisch zugleich, in Aufnahme des Motivs des alten Propheten Sacharja.

In seinem Esel spiegelt sich die Doppelung der christlichen Messias-erwartung wider: Einfach, Gott treu – aber keine äußerliche Macht bean-spruchend oder repräsentierend, sondern nur die Macht des Gottes-glaubens, der Treue und Liebe zu seinem Herrn.

Pränatal soll Jesus schon auf einem Esel von Nazareth nach Bethlehem gebracht, postnatal auf der Flucht nach Ägypten gerettet worden sein, und nun prämortal beim Einzug in Jerusalem eingezogen sein.

Der Esel: Symbol für demütiges Geschehenlassen, für Durchhalten und Überleben, für aktives Eintreten für die Armen und Schwachen, für Widerstand und Ergebung in das Gottgewollte, für Gottgehorsam und ewige Treue?

Abschließend drei kurze Anmerkungen zum Esel – zum Bedenken:

Erstens. Vom Esel in der Weihnachtskrippe steht biblisch nichts geschrieben, wie auch vom Ochsen nicht. Aber es ist von der christlichen Tradition gut ausgedacht: Gehorsam und Treue zu Gott. Grundton seines Lebens, auch des unseren?

Zweitens: Wie neuerdings Wirtschaftshistoriker, Abteilung Währungsgeschichte, herausgebracht haben wollen: Der Preis eines Esels lag zu Jesu Lebzeiten bei 30 Silberlingen ... . Das ist genau die Summe, die der Verräter genommen hat. Verrat des Herrn um den Preis eines Esels?
Symbolisch interessant, oder?

Und Drittens: Was auch erst später gemacht und entdeckt wurde: eine heidnische Polemik gegen das Christentum: der gekreuzigte Esel. Der sog. Alexamenos-Graffito ist eine 1857 entdeckte Ritz-Zeichnung in einem Anbau an der Domus Flavia auf dem Palatin in Rom. Er gilt als die früheste karikaturhafte Darstellung der Kreuzigung Christi. Die Zeichnung wurde bald nach ihrer Entdeckung vom originalen Fundort abgenommen und wird heute in den Kapitolinischen Museen bewahrt.

Der gekreuzigte Esel. Denken wir darüber nach. Amen.