20.02.2022 - Sexagesimae

Berufung von Peter Schickel zum Prädikanten
Bildrechte evG Berg

Gottesdienst mit Abendmahl


zur Berufung von Peter Schickel zum Prädikanten

um 10:00 Uhr im Katharina von Bora-Haus
(2G-Regel, FFP2-Maske!)

Mitwirkende: Stellvertretende Dekanin Bärbel Ehrmann, Pfarrer Johannes Habdank, Peter Schickel,
Pfarrer i.R. Prof. Dr. Frieder Harz, Hanna Schenk (Stellvertretende Vertrauensfrau des Kirchenvorstands),
Prädikant Ralf Schenk, Dr. Bettina Schickel
Musik: Philipp Schickel (Klarinette), Ferdinand Schickel (Violine), Dr. Bettina Schickel (Orgel und Klavier)
Kirchenvorstand: Florian Gehlen (Vertrauensmann)


Nachstehend der Gottesdienst im aufgezeichneten Livestream-Video zum Nachempfinden und - im Anschluss daran - die Predigt zum Nachlesen. Bilder von dem Gottesdienst gibt es hier.

 

Das Livestream-Video vom Gottesdienst

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Predigt von Prädikant Peter Schickel am 20.02.2022 (Sexagesimae) über Hebräer 4,12-13

 

Predigtgebet

Herr, gib mir Deinen Geist, dass ich nicht sterbe, sondern lebe und Deine Werke verkündige.     

Amen.

Predigt

Liebe Gemeinde,

Martin Luther hat den Hebräerbrief nicht sonderlich gemocht. Darin gäbe es einen „harten Knoten“.

In der Vorrede zu seiner Übersetzung schreibt er sogar, dieser Knoten widerspreche „allen Evangelien und Episteln S. Pauli“ – also könne der Brief unmöglich von Paulus selbst geschrieben sein.

Um seiner Abneigung noch gebührenden Ausdruck zu verleihen, verbannt er das Buch ans Ende des neuen Testamentes - als „Anhang“ und gibt ihm noch nicht einmal eine Nummer im Inhaltsverzeichnis. Trotzdem, meint er, wäre es an sich aber „nützlich und gut zu gebrauchen“.

Ist also nicht alles, was in der Bibel steht, das Wort Gottes? Was soll ich ihnen heute dann als frisch gebackener Prädikant überhaupt vom Wort Gottes erzählen?
 
Ich frage mich, was ist es nun wirklich – Gottes Wort.

Schauen wir mal in der Schrift nach…

In eben diesem Hebräerbrief im vierten Kapitel steht von dem Wort Gottes geschrieben (– das ist übrigens auch das heutige Predigtwort:)

12 [Denn] das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. 13 Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft geben müssen.

Sowas hab ich auch schon erlebt. So etwas Durchdringendes. So etwas Ergreifendes. So etwas Lebensveränderndes.

Dabei war es nur ein Wort. Eine Zeile aus dem Osterpsalm 118.  Luther selbst malte  ihn im Jahr 1530 eigenhändig an die Wand.  

Non moriar sed vivam et narrabo opera domini –

Ich werde nicht sterben, sondern leben
und erzählen von den Werken Gottes.
 


Ich war mit dem Auto unterwegs. Auf der Rückfahrt aus Hamburg von einer Dienstreise. Lange einsame Fahrt. Da machte ich spontan einen Abstecher zur Veste Coburg – einer mittelalterlichen Burg, wie gemalt aus dem Bilderbuch. Luther hatte da ein halbes Jahr verbringen müssen. Ein Spaß war das für ihn sicherlich nicht! Er war selbst mit einem Bann belegt – der Reichsacht – und durfte nicht nach Augsburg zum alles entscheidenden Reichstag reisen - aus Sicherheitsgründen.  Er wartet und wartet immer wieder auf Neuigkeiten von Melanchton, seinem Co-Reformator und Kollegen, der dort an seiner Stelle dem Kaiser das neue lutherische Bekenntnis vortragen soll – heute kennen wir es unter dem Namen „Augsburger Bekenntnis“. Er fragt sich, ob er und die Seinen den kommenden Disput mit der alten Kirche heil überstehen werden.

Auf einmal ist Luther gewiss. Er wird es überstehen und er wird danach von den Werken Gottes erzählen. Dann schreibt er das Wort an die Wand in seiner Kammer auf der Burg.

Ich werde nicht sterben, sondern leben
und erzählen von den Werken Gottes.  

Ich sehe das Wort an der Wand heute noch vor mir. Plötzlich dachte ich: „Das will ich auch machen!“ Von den Werken Gottes erzählen und es wird gut werden. Und sehen Sie – da bin ich heute bei Ihnen und erzähle Ihnen von den Werken Gottes an mir, wie ich sie erlebt habe. Wer hätte das gedacht? Was für eine Wirkung so ein Wort haben kann!

Das Wort Gottes ist aber kein Menetekel, das einfach so an der Wand erscheint und Unheil verkündet. Im Gegenteil! Dieses Wort spricht von der Liebe Gottes zu uns Menschen. Gottes Wort ist das Wort von seinem Bemühen für uns. Es ist ein Wort des Heils. Es ist das Wort von Jesus, dem Christus, der uns am Kreuz erlöst hat. Ich will es euch heute weitersagen. Wie man es jeden Sonntag in der Kirche hören kann.
Gottes Wort hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Auch durch das Prädikantenseminar hat es mich mit Schwung geführt.

Lebendig und kräftig ist das Wort Gottes, durchdringend und wirksam. Dabei hat das Wort nur vordergründig mit Buchstaben zu tun. Es lässt sich nicht zwischen zwei Buchdeckeln zusammenpressen. Es hat mehr mit dem Menschen selbst zu tun als mit einem Buch, das Sie lesen können. Vielmehr liest Gott in dem Moment in dem sein Wort bei Ihnen auf fruchtbaren Boden fällt, in Ihnen selbst. Sie sind dann gleichsam der gute Acker auf den Gottes Wort fällt, wie wir es heute im Evangelium gehört haben. Wenn das geschieht, dann müssen Sie einfach davon erzählen – so viel Wucht hat es. Das Wort kann durch das Weitererzählen vielfach Frucht bringen. Es kann aber nicht erzwungen werden. Es geschieht oder geschieht nicht. Es ist unverfügbar. Es lässt sich nicht einmal aufschreiben. Wir können nur dafür danken oder darum bitten.

Es ist das Geschehen der Veränderung des eigenen Lebens von der Blindheit zum Sehen, von der Dunkelheit zum Licht, von der Ferne zur Nähe, vom Alten zum Neuen, vom Tod zum Leben, vom Nichts zum Sein.

Es ist ein Geschehen, das Leib und Seele verändert. Und es dringt durch Mark und Bein wie ein scharfes zweischneidiges Schwert bis ins innerste Innen vor – da wo das Gewissen sitzt, dahin wo der ganze Mensch allein vor Gott steht. Mit dem Verstand allein kann das nur notdürftig beschrieben werden.

Es ist sein lebendiges Wirken, das wir Gott alleine verdanken. Paulus nennt es die Kraft des Evangeliums von Jesus Christus. Durch seinen Geist können wir es erst begreifen. Es weckt Glauben und schafft Gemeinschaft unter uns und mit ihm.

Wegen diesem Wort sind Sie hier.

Es spricht heute zu Ihnen.
 
Du wirst nicht sterben, sondern leben.

Danke dir, du lieber Gott.
Herr, für Dein Wort sei hoch gepreist.
Lass Dein Wort reichlich unter uns wohnen.

Du hast das erste Wort.

Du hast das letzte Wort.

Der Rest ist Schweigen.

Ach ja, wenn Sie sich jetzt fragen, was der „harte Knoten“ bei dem Ganzen sein soll.

Ich bin gewiss, dass mich kein Wort oder Schwert – wie scharf es auch sein mag – von der Liebe Gottes scheiden kann (Römer 8,39).

Unser Gott ist gnädig. Er hat das letzte Wort. Nicht wir Menschen.

Gottseidank!

Amen.